Jedes Kind weiss, dass Familien schlimm sind (wer es nicht weiss, ist verdächtig). Am schlimmsten sind die Väter: Selten da und wenn, dann sind sie in der Regel angeberisch, besserwesserisch und unter Zeitdruck. Trotzdem schaffen es die meisten noch, auf überraschend laxe Art Gefühle der Überforderung zu erzeugen. Laut Max Horkheimer haben die Väter trotzdem ausgespielt (weil es den bürgerlichen Patriarchen, der die ihm gehörende Firma auch leitet, seit zirka 1880 nicht mehr gibt - weshalb die Psychoanalyse auf Treibsand gründet). Von den lebensgefährlichen Vätern ist nur ihre bedrohliche Karikatur übriggeblieben: der väterliche Freund der Freundin. Er wird von ihr ihr meist als total lieb, nett und eventuell trotz seines fortgeschrittenen Alters mit Attraktivitätsbonus beschrieben. Die Freundin erhält vom väterlichen Freund in der Regel Extraportionen an Weisheit, Anerkennung, Aufmerksamkeit und Gratistips. Für den nichtväterlichen Freund der Freundin bleibt unklar, was der väterliche Freund eigentlich im Schilde führt: a) gar nichts, b) Sublimierung diverser Bedürfnisse, c) Narzissmus, d) Hoffnung auf ewiges Leben, e) Sympathiebekundung, f) Aufrechterhaltung von Macho-Traditionen, g) Sex, h) Zeitvertreib, i) Pädagogik, j) Kommunikation, k) Flirten, l) Missionierung, m) Sinnsuche, n) Nespotismus, o) Verliebtheit. Von Mischformen ist auszugehen. Die blosse Existenz des väterlichen Freundes steigert beim nichtväterlichen Freund der Freundin die Kastrationsangst. Das schafft ein echter Vater nicht mehr.